Der Tempelgarten ist die Gründung und Schauplatz der Freizeitvergnügungen eines jungen Kronprinzen, der im Jahre 1732 als 20-jähriger von seinem Vater zum Regimentskommandeur mit Sitz in Neuruppin bestimmt wird. Es ist derselbe, der 23 Jahre später von seinen Zeitgenossen erstmals als „Friedrich der Große“ tituliert, noch später im geheimen auch „der Alte Fritz“ genannt wird.
Am 28. Juni 1732 rückte der Kronprinz in Neuruppin ein. Er wurde feierlich und festlich von den Bürgern der Stadt begrüßt. Eine königliche Order seines Vaters hatte dafür gesorgt, dass zuvor der Abputz der Häuser vorgenommen und der Kot aus der Stadt geschafft wurde. Auch den Militärgalgen auf dem Neuen Markt, wo man die Deserteure zu hängen pflegte, hatte man aus der Stadt entfernt. Gleich nach seinem Einzug in Neuruppin ließ Friedrich auf den Wallanlagen seinen „Amalthea-Garten“ anlegen, der zunächst vor allem als Nutzgarten diente, in dem u.a. Spargel, Melonen, Weintrauben und Kirschen geerntet wurden. Sogar Milchwirtschaft und Hühnerzucht fanden Platz. Der Garten war aber auch Stätte der Kontemplation, musischer Darbietungen und nicht zuletzt Treffpunkt für geselliges Treiben mit den Offizieren. Amalthea ist jene griechische Nymphe, deren abgebrochenes Horn als Inbegriff für reichen Überfluss, als „Füllhorn“ gilt.
Im Jahre 1735 errichtete ein befreundeter, bis dahin eher als Maler in Erscheinung getretener junger Baumeister dort nach den Vorstellungen Friedrichs einen Apollo-Tempel, der – in 1792 veränderter Gestalt – noch heute das Zentrum des Gartens bildet und ihm seinen Namen gegeben hat. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff erhielt danach noch vielfach Gelegenheit, sich in Aufträgen für Friedrich auszuzeichnen: Unter anderen sind Sanssouci, die Lindenoper, die französische Kirche in Potsdam und der Neue Flügel des Schlosses Charlottenburg sein Werk. Der Tempelgarten und Neuruppin sind somit lebendig gebliebener Hintergrund des Wirkens Friedrichs II. in der ersten, vergleichsweise unbeschwerten Phase seines jungen Erwachsenenlebens nach den Ereignissen von Wesel und Küstrin: dem gescheiterten Fluchtversuch, der Hinrichtung des Freundes Katte und eigener Festungshaft. Hier begann er seinen Antimachiavell. Kurz vor seinem Umzug nach Rheinsberg im August 1736 eröffnete er die Korrespondenz mit Voltaire.
Seine heutige Gestalt erhielt der Tempelgarten ab 1853 durch die Neuruppiner Kaufmannsfamilie Gentz. Sie erwarb die Grundfläche mit dem Ziel, den Garten zum Gedenken an den Aufenthalt Friedrichs wieder herzurichten und „jedermann den öffentlichen Zutritt“ zu gewähren. Für die Baulichkeiten, die teilweise von Alexander Gentz selbst entworfen wurden, gewann die Familie den seinerzeit berühmten Orientalistik-Architekten Carl von Diebitsch. Im Zuge der großen Kulturbegegnung zwischen Orient und europäischem Okzident im 19. Jahrhundert entwarf der Protagonist arabischer Baukunst die Villa, das Gärtnerhaus mit stilisierten Minarett, die Eingangstore und Umfassungsmauern samt einer angedeuteten Bastion in orientalisierender Form. Für die Ausschmückung des Gartens erwarb Alexander Gentz barocke Sandstein-Plastiken zumeist Dresdener Provenienz und bepflanzte den Garten mit botanischen Besonderheiten.
Nach dem wirtschaftlichen Niedergang der Familie wurde der Garten 1880 an den Kreis Ruppin verkauft. Im Jahre 1910 zog das 1865 am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium gegründete Zieten-Museum in die Gentz’sche Villa ein. Danach wurde der Garten mal mehr, mal weniger gepflegt. Erstmals im Jahre 1965 eröffnete ein Café in der Gentz’schen Villa. 1969 wurde der Saalanbau hinzugefügt.
Am 1. August 1995 erwarb die Stadt Neuruppin den Garten in einem nach der Wende deutlich beeinträchtigten Zustand für einen symbolischen Betrag vom Landkreis Ostprignitz-Ruppin. Seither ist es dank der Bemühungen von Stadt und Bürgerschaft – namentlich des Tempelgartenvereins – gelungen, das Bild der Anlage nachhaltig und kontinuierlich zu heben und zu verbessern. Das Vermächtnis der Familie Gentz, die von ihr zu einem Kleinod orientalistischer Baukunst erweiterte Gartenanlage zum Gedenken an den Aufenthalt Friedrichs zu erhalten und jedermann öffentlichen Zutritt zu gewähren, wird von der Stadt und ihren Bürgern weiterhin als verpflichtend angesehen.
Historische Postkartenansichten aus dem 19. Jahrhundert: